"Geschichte des Prog-Metal" als Buch geplant 2009

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Johnnie
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"Geschichte des Prog-Metal" als Buch geplant 2009

Beitrag von Johnnie »

Gerade über Blabbermouth gefunden:
http://www.roadrunnerrecords.com/blabbe ... mID=101979

Jeff Wagner wagt sich an eine komplette Geschichte des Progressive Metal; neben Fates Warning oder Queensryche wird es auch um Dream Theater gehen!
Zuletzt geändert von Johnnie am 02.08.2008, 08:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Axel
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Beitrag von Axel »

Das ist ja mal ein cooles Buch, aber wird es wahrscheinlich wieder nur auf Englisch geben, oder ?
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Johnnie
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Beitrag von Johnnie »

Aus meiner Zeit bei der PR-Agentur kenne ich noch einige Verlagsheinis, deshalb kenne ich auch ungefähr den Aufwand, den ein Launch in der jeweiligen Landessprache bringt. Ich gehe mal davon aus, daß dieser Verlag sowieso nur kleine Auflagen fährt, und die Nachfrage bei deutschen Vertriebspartnern wird sich in Grenzen halten.
Mit anderen Worten: Du wirst Dich auf Englisch durcharbeiten müssen...
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Petruccis Son
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Beitrag von Petruccis Son »

Das ist ja schade, hätte das Buch gerne gelesen.. Nur um ein solches Buch auf Englisch zu lesen, fehlen mir doch ein wenig die Englischkenntnisse. Hab zwar Harry Potter 7 auf Englisch gelesen und hab ne 1 in Englisch :wink: aber ich glaube dafür reichts nicht^^.
Schade eigentlich.
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Axel
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Re: "Geschichte des Prog-Metal" als Buch geplant 2009

Beitrag von Axel »

In diesem Zusammenhang passt Folgendes hier sicher noch gut rein:

Der Progressive Rock hat zwei Wurzeln. Auf der einen Seite der Rock'n'Roll, auf der anderen Seite die linksintellektuelle Alternativkultur. Beide begannen sich in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg auszubilden, hatten aber lange Zeit nichts miteinander zu tun. Der Rock'n'Roll, eine Adaptation des afroamerikanischen Rhythm & Blues, war bis Mitte der 60er Jahre eine Musik, die sich vor allem an Jugendliche richtete, die zumeist aus der weißen Arbeiterklasse der USA, bald auch anderer westlicher Länder, kamen. Der intellektuelle Anspruch des Rock'n'Roll war gering: es waren fast ausschließlich Liebeslieder, oder zumindest solche, die "jugendrelevante" Themen wie Schule und Freizeitvergnügen (Partys, Sport, Strandleben, Cruising) behandelten. Die progressiven jungen Intellektuellen aus der Mittelschicht hingegen hörten in den 50er und frühen 60er Jahren keinen Rock'n'Roll, sondern modernen Jazz und Folk. Ihre musikalischen Heroen waren nicht Chuck Berry und Elvis Presley, sondern Charles Mingus und John Coltrane sowie Joan Baez und Bob Dylan (der damals noch kaum als Rockmusiker gelten konnte - erst 1965 griff er zur E-Gitarre und löste damit einen mittleren Skandal aus). Der Gegensatz zwischen "Jazzern" und "Rockern" schien unüberbrückbar.

Erst in der Mitte der 60er Jahre kamen die beiden Strömungen zusammen. Der Rock'n'Roll, vor allem in Gestalt der britischen Beatbands, allen voran der Beatles, kam auch bei der Mittelschichtjugend in Mode. Als diese Jugendlichen erwachsen wurden, entwickelten sie ein Bedürfnis nach anspruchsvollerer Musik. Zu jener Zeit befand sich die akademische Musik im Würgegriff der bitterernsten, unzugänglichen Avantgarde; zugleich entwickelte sich auch der Jazz zu einer "verkopften" Musik, die der Avantgarde hinterherlief, der akademischen Musik an Verkniffenheit kaum nachstand und zunehmend den Eindruck erweckte, als ginge es nur noch darum, instrumentales Können unter Beweis zu stellen, ohne etwas auszusagen (und auch viele "Jazzer" entfremdete, die nun woanders nach einer neuen Musik suchten, die zugleich anspruchsvoll war und Spaß machte).

Es musste also etwas Neues her. Diese neue Musik, die Anspruch und Spaß verbinden konnte, wurde auf der Basis des Rock'n'Roll entwickelt. Erste Ansätze zu einer intellektuelleren Rockmusik sind schon im Spätwerk der Beatles (etwa ab 1966) zu erkennen; in der Hauptsache waren es jedoch neugegeründete Bands, die den Rock'n'Roll zu einer "erwachsenen", anspruchsvollen Musik umformten. Sie sprengten den Rahmen des Songs, entlehnten komplexere Formen aus akademischer Musik (eher des 19. und frühen 20. Jahrhunderts als der Gegenwart), Jazz und bisweilen auch "exotischen" Musikkulturen (vor allem indische Musik stand hoch im Kurs, wobei die Komplexität der traditionellen indischen Musik aber kaum ausgelotet, sondern meistens im Grunde genommen nur westliche Musik auf einer Sitar gespielt wurde). Die traditionelle Rockbesetzung aus Gesang, Gitarre, Bass und Schlagzeug wurde erweitert, vor allem um elektronische Tasteninstrumente. Die Texte wurden anspruchsvoller und thematisch vielfältiger und brachten die progressive Geisteshaltung der Alternativkultur zum Ausdruck. Der Progressive Rock (die Bezeichnung wurde von Musikjournalisten und -industrie geprägt) war geboren.

Vorreiter in dieser Entwicklung war Großbritannien, doch fand die neue Musik bald auch den Weg über den Ärmelkanal und den Atlantik. Anfangs war der Progressive Rock eine "Studentenmusik", doch etwa ab 1969 wurde Progressive Rock zu einer der populärsten Richtungen der Rockmusik. Die Konzerte wurden immer größer, die Verkaufszahlen der Platten (fast ausschließlich Langspielplatten; die Single mit ihrem engen Zeitrahmen spielte im Progressive Rock keine große Rolle) stiegen ebenfalls. Von der Musikpresse wurde der Progressive Rock oft in höchsten Tönen gelobt und als "klassiche Musik der Zukunft" angepriesen. Der Progressive Rock strahlte auch auf andere Musikrichtungen aus. Einflüsse sind etwa im Hardrock (z. B. Meat Loaf), im Musical und selbst in der bürgerlichen Unterhaltungsmusik jener Zeit (etwa in dem Stück Music von John Miles) zu finden; viele Bands, die eigentlich nicht dem Progressive Rock zugehörten, hatten das eine oder andere "proggige" Stück im Repertoire.

Das Echo war allerdings geteilt. Der Progressive Rock hatte auch seine vehementen Gegner, die darin einen Verrat am "reinen" Rock'n'Roll sahen, und "puristischere" Formen wie Blues oder Hardrock favorisierten. Überhaupt darf man nicht vergessen, dass Progressive Rock in den frühen 70er Jahren zwar sehr populär und kommerziell erfolgreich, aber keineswegs die dominante oder auch nur populärste Musikrichtung war. Die größten Verkaufserfolge fuhren schon damals anspruchslose Pop-Produktionen ein; auch andere Spielarten der Rockmusik waren nicht minder populär als der Progressive Rock.

In der zweiten Hälfte der 70er Jahre veränderte sich die Rezeption des Progressive Rock dramatisch. Die Gegner setzten sich auf breiter Front durch. In Großbritannien brach die Punk-Revolte aus, die sich rasch auf andere Länder ausbreitete. Die Punk-Bewegung, die ihren Ursprung in der desillusionierten englischen Arbeiterjugend hatte, aber rasch zu einer Modeerscheinung wurde, wandte sich sowohl gegen die bürgerliche Leitkultur als auch gegen die linksintellektuelle Alternativkultur. Eine neue Generation von Musikjournalisten wurde zu Propagandisten dieser Bewegung. Nun war Progressive Rock nicht mehr die "klassische Musik der Zukunft", sondern galt als uncool und überholt. Von diesem Schlag hat sich diese Musikrichtung bis heute nicht mehr richtig erholt.

Warum wurde der Progressive Rock so leidenschaftlich bekämpft und wird bis heute von einem großen Teil der Massenmedien totgeschwiegen? Vielleicht liegt es daran, dass diese Musikrichtung in einer ganz besonderen Weise subversiv ist. Punk, Heavy Metal und Hip-Hop gebärden sich weitaus aggressiver gegen das "System", aber ihr Aufschrei ist resignativ. Diese Musikrichtungen vermitteln eine Haltung, der zufolge die herrschenden Verhältnisse zwar ungerecht, aber nicht zu verändern sind. Damit kann das Establishment gut leben. Der Progressive Rock hingegen gebärdet sich zwar weniger aggressiv, geht aber einen wesentlichen Schritt weiter, indem er signalisiert, dass Veränderungen möglich sind. Diese progressive Haltung ist für das Establishment ein viel größeres Problem.

Ein weiterer Aspekt mag das sein, was mit dem Stichwort "boring old farts" (etwa: "langweilige alte Säcke") umschrieben wurde. Progressive Rock ist eine Musikrichtung, in der es selten zu Skandalen kommt. Drogenexzesse, Prügeleien und andere Auffälligkeiten sind für Progressive-Rock-Musiker untypisch. Und bekanntlich haben Skandale einen größeren "Nachrichtenwert" als musikalische Finessen.

Hinzu kommt natürlich die Musik selbst. Die Massenmedien sind zu einem großen Teil an der Single orientiert, und Singles spielen im Progressive Rock keine große Rolle. Die meisten Stücke sind hierfür einfach zu lang, und passen nicht in das Schema von MTV und Top-40-Radio. Das Medium des Progressive Rock war immer das Album, und für die Präsentation eines Konzeptalbums fehlt in den genannten Medien schlichtweg die Zeit.

Das Ende aber war das nicht. Abseits des Mainstreams blieb der Progressive Rock weiterhin lebendig. Zwar hatte man bald den Eindruck, als hätten die meisten der klassischen Bands ihr kreatives Pulver verschossen, doch formierten sich Ende der 70er Jahre neue Gruppen, die den Progressive Rock in modernisierter Form, im sogenannten Neoprog in England und dem Powerprog in Nordamerika, weiter pflegten und der Musikrichtung neue Impulse gaben. Einige Neoprogbands erzielten sogar bescheidene Chartserfolge. Auch in den folgenden Jahrzehnten blieb der Progressive Rock in Bewegung. In den späten 80er Jahren traten Progressive Metal und Retroprog in Erscheinung, die den Progressive Rock in unterschiedliche Richtungen weiterentwickelten. Gemeinsam prägten diese Stile zusammen mit dem weiterlebenden Neoprog den Progressive Rock der 90er Jahre. In den 90er Jahren formierte sich eine Szene, die sich über das Internet vernetzte und so von der Mainstream-Musikpresse unabhängig war.

Nach 1995 kamen Musikformen auf, die Elemente des Progressive Rock aufgreifen und mit Alternative Rock verbinden. Damit versucht der so genannte Nu Prog die gegnerischen Traditionen des Progressive Rock und der Punk-Revolution miteinander auszusöhnen; es handelt sich hierbei freilich um eine sehr heterogene Strömung, in der oft nur ein schwacher Progressive-Rock-Einfluss zu erkennen ist.

Man kann die Geschichte des Progressive Rock in aufeinanderfolgende "Wellen" oder Generationen untergliedern, die in Abständen von etwa 10 Jahren aufeinander folgen und jeweils bestimmten Stilen entsprechen:

Klassischer Progressive Rock, Canterbury Sound, Avant-Prog, Krautrock (seit 1967)
Neoprog, Powerprog (seit 1977)
Retroprog, Progressive Metal (seit 1987)
Nu Prog (seit 1997)


Quelle und mehr: http://www.joerg-rhiemeier.de/Musik/prog.html
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